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Erfahrungsberichte

Kriminaltour durch St. Pauli

Den Kiezverbrechern auf der Spur

Grau in Grau. Typisches Hamburger Wetter. ‚Trocken‘ scheint die Führung also nicht zu werden. Pünktlich um 15 Uhr starten wir, das Team von Globetrotter Tours, vor der Davidwache zu unserer Kriminaltour mitten ins Herz Hamburgs: St. Pauli – Reeperbahn. Ein pensionierter verdeckter Ermittler soll uns die nächsten zweieinhalb Stunden Zahlen, Fakten, Ermittlungsmethoden, –Fehler und natürlich –Erfolge der Sankt Paulianer ‚Bullen‘ vorstellen. Ich bin gespannt!

Treffpunkt: (A) Davidwache – Einleitung und Übersicht über die Tour

Wir treffen unsere Gruppe vor der Davidwache. Zunächst hören wir einen Einleitungsvortrag: Unser Gruppenführer war als Hauptkommissar 11 Jahre verdeckter Ermittler im Kampf gegen organisierte Kriminalität. Diese Erfahrung schlug sich gleich in der ersten Anekdote nieder. Er berichtete über den Zugriff auf eine Kokainlieferung aus Paraguay. Ein ehemaliger Rostocker Bundesligaprofi war darin verstrickt, Geduld gefragt. Die ersten fünf Lieferungen waren allesamt Attrappen. Erst bei der Sechsten konnte damals der Zugriff erfolgen. Im Nu fesselt uns der Experte mit seinen Schilderungen von verdeckten Ermittlungen, der Rolle der Kronzeugen, dem Zeugenschutzprogramm und was passiert, wenn jemand den Identitätswechsel nicht durchhält.

Seine Geschichten werden mit viel Witz, dem typischen, authentischen  Hamburger Dialekt und einer gewissen Derbe im Bezug auf seinen ehemaligen Berufsalltag erzählt. Ebenso schildert der Ex-Hauptkommissar die soziale Situation St. Paulis, sowie die Vielfalt an unterschiedlichen Gangstern, Kriminellen und ZuhälterInnen des Kiez.

Als es schließlich losgeht, sind wir überrascht, dass bereits eine halbe Stunde vergangen ist. Bei seinen Ausführungen verwundert einen besonders, wie viel Drogengeld heutzutage noch umgesetzt wird und wie eine Polizeiwache in einem denkmalgeschützen Bau ständig erweitert bzw. vergrößert wird. Im Folgenden reiße ich die Punkte, die uns vorgestellt wurden kurz an – ohne zuviel zu verraten. In der Karte sind die Standorte markiert.

Standpunkt: (B) Spielbudenplatz – Die Osmani-Brüder, ‚mehr‘ als eine Tanke (C) und ‚Die Bullen‘ (D)

Wohl jeder in und um Hamburg hat schon einmal von den drei Osmani-Brüder gehört. Wir stehen vor der heißen Ecke. Unser Gruppenleiter erzählt über ihren Austieg, den Weg von Armut zu Reichtum – angeblich eingeleitet durch einen Glücksspielgewinn.  Ebenso Themen wie ihre Freundschaft zu Schill, den Bau der heißen Ecke als Geschäftsstelle der Osmanis und wie sich Tätigkeiten auch aus dem Gefängnis erledigen lassen, sind Teil der Führung. Auch die ‚sündigste Fischbude der Welt‘ (von Gosch) hat ihren ganz eigenen Hintergrund. Zwei Schritte weiter gelangen wir zur Esso-Tankstelle. Das Verhältnis am Umsatz von ‚Sprit‘ und eben … ‚Sprit‘ lässt uns ebenso aufhorchen, wie die zwiespältige Nutzung der Kellerräume. Nebenbei erfahren wir von aktuellen Umbauplänen des Spielbudenplatzes im Bereich Davidwache bis Panoptikum. Apropros Spielbudenplatz: Unser Guide beschreibt unter anderem die Namensherkunft dieses Platzes, der Reeperbahn, des Heiligen Geistfelds und lässt sich darüber aus, ob ‚Bulle‘ nun unter Polizisten eigentlich als Schimpfwort verstanden wird, ferner aus welcher Sprache es stammt.

Standpunkt: Seilerstraße und weiter zum Hamburger Berg (E) – ‚Suicide by cop‘ & die Serienmorde des Fritz Honka

In der Seilerstraße bekommen wir anhand einer wahren Geschichte ’suicide by cop‘ erklärt. Die Tour wartet weiter mit spannenden Insiderdetails auf. Unser Gruppenführer erzählt uns Details über die Serienmorde des Fritz Honka, eine Säge, Fichtennadelduft und welcher Zufall die Polizei auf die richtige Spur brachte. Während einer kurzen Pause bei ‘nem Kurzen im ‚Goldenen Handschuh‘ ruhen wir  unsere Füße für den zweiten Teil der Reise aus. [easingsliderpro id=“21″]

Standort: Vorbei an Talstraße/Schmuckstraße und weiter zur großen Freiheit (F) – die Beatles schreiben deutsche Musikgeschichte in Hamburg

Auch die Schwulen- und Transvestitenszene darf in der Tour natürlich nicht fehlen. Zu Gast in der Tal- und Schmuckstraße werden wir über deren Eigenheiten aufgeklärt. Weiter geht es auf der Großen Freiheit. Geschichtsstunde auf der Grenze zu Hamburg-Altona. Unser Guide erläutert die Rolle des Indra (F) als ihrer Zeit die Beatles deutschlandweit bekannt wurden. Außerdem spricht er die unrühmliche Vergangenheit des Grünspan an. Damals war das dortige Geschehen Normalität. Hierzu zählten auch tägliche Razzien. Gespickt sind die Geschichten wie immer mit den Ermittlungshindernissen, die die Polizei zu überwinden hatte. In diesen Fällen geht es meist um Brandstiftung und gesellschaftlichen Drogenmissbrauch.

Über das Beatles Denkmal geht es wieder zurück auf die Reeperbahn. Jetzt sind die Hintergründe ‚zur Ritze‘ und des Boxkellers (G) dran. Die Geschichte handelt vom Eros, einer Toilette, dem Durst von Freiern und wie aus dieser Problemlage das ‚Zur Ritze‘ entstand. Gegen einen Aufpreis kann man sich das Innenleben anschauen, die Tour verlängern und sich eine weitere Pause gönnen. In unserer Tour ist die Verlängerung nicht enthalten. Die Option klingt aber auf jeden Fall lohnenswert, denn die Stunden an der frischen Luft fordern die Beine.

Standort: (Der Pate vom) Hans-Albers-Platz (H), Herbertstraße (I) und abschließend die Hausbesetzung der Hafenstraße (J)

Unser Gruppenleiter beginnt mit der Bedeutung des Platzes für das heutige Nachtleben St. Paulis. Darauffolgend deckt er tiefe Abgründe ‚des Paten vom Hans-Abers-Platz‘ auf: Einerseits wütet die Brutalität, andererseits war er das Muttersöhnchen. Das nächste Ziel ist die Herbertstraße. Hier erfahren wir die Hintergründe des Sichtschutzes und in diesem Zusammenhang die Rolle der Nationalsozialisten.

Alle Geschichten werden am vorletzten Standort noch einmal zusammengeführt, offen gebliebene Fragen geklärt. Der letzte kurze Weg runter ans Wasser motiviert allein durch den Blick auf die Elbe. Abschließend greift die Tour an ihrem Ende noch ein aktuelleres Thema auf. Die Gebäudebesetzung der Hafenstraße und das Machtwort eines Bürgermeisters. Es verhindert, dass 12.000 Sympathisanten auf Hundertschaften der Polizei treffen und Aktivisten einen Märtyrertod gestorben wären.

Mein Fazit: Eine  gelungene Tour abseits standartisierter Massenabfertigung, mit Hamburger Charme und witzigen bzw. interessanten Annekdoten

Wenn Sie auch erfahren möchten, wie geschickt diese Hausbesetzung gelöst wurde, wie Verbrechersyndikate St. Pauli regier(t)en, welche Geschichten hinter den allseits bekannten Häusern an und um die Reeperbahn stecken und was noch alles zu den hier angerissenen Storys gehört, empfehle ich eine Teilnhame an dieser Tour. Fern ab von trockenem Zahlen-Daten-Fakten-Reiseführer-Wissen bieten sich Möglichkeiten Geschichte, Stadtentwicklung und Kriminalmethoden aus erster Hand kennen zu lernen.

Man sollte sich aber vorher bewusst sein, dass Pausenmöglichkeiten eher  rar sind und ein anschließender Besuch in einer Kneipe oder einem Café ein Muss für die Füße ist.

Hier finden Sie alle Informationen zu unserer Kriminaltour und weiteren Stadtführungen

Herzliche Grüße
Ihr Globetrotter Tours Team

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